Jenny Gröllmann

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Filmplakat für den Dokumentarfilm Ich will da sein – Jenny Gröllmann (2008)

Jenny Gröllmann (* 5. Februar 1947 in Hamburg; † 9. August 2006 in Berlin) war eine deutsche Schauspielerin und Hörspielsprecherin.

Jenny Gröllmann stammte aus einer Künstlerfamilie. Sie war die Tochter des Bühnenbildners Otto (1902–2000), der in den 1930er Jahren auf Seiten der Zweiten Spanischen Republik am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen[1] und im Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus mit der Hamburger Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe zusammengearbeitet hatte, und der Theaterfotografin Gertrud Gröllmann (1917–1977), die später Bildchefin der Zeitschrift Das Magazin wurde. Ihr Vater, der in den 1930er Jahren auf Seiten der Zweiten Spanischen Republik am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen[1] und im Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus mit der Hamburger Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe zusammengearbeitet hatte, war Bühnenbildner. Ihre Mutter war Theaterfotografin und später Bildchefin der Zeitschrift Das Magazin. 1949 übersiedelte die Familie aus beruflichen Gründen mit der zweijährigen Jenny in die Sowjetische Besatzungszone nach Schwerin und zog 1955 nach Dresden, wo der Vater eine neue Anstellung erhalten hatte. Jenny ging dort zur Schule und entwickelte früh eine Leidenschaft für das Theater.

Gröllmann brachte 1969 ihre Tochter Jeanne zur Welt, die einer Verbindung mit Thomas Goguel entstammt, und als Maskenbildnerin tätig ist. 1973 heiratete sie in erster Ehe den Regisseur Michael Kann.[2] Nach der Scheidung von Kann Anfang der 1980er Jahre war sie von 1984 bis 1990 mit dem Schauspieler Ulrich Mühe verheiratet. Aus der Ehe ging Tochter Anna Maria (* 1985) hervor, die ebenfalls den Schauspielberuf ergriff. Nach der Scheidung von Mühe lebte Gröllmann mit dem Filmarchitekten Claus-Jürgen Pfeiffer zusammen, den sie 2004 heiratete.[3]

Grabstätte auf dem Französischen Friedhof in Berlin

Im Jahr 1999 erkrankte Gröllmann an Brustkrebs. Nach anfänglichen Therapieerfolgen wurde 2002 und 2005 bei der Schauspielerin erneut Krebs diagnostiziert, sodass sie 2005 ihre Rolle der Inge Klinker-Emden in der Telenovela Sturm der Liebe aufgeben musste. Im August 2006 erlag sie im Alter von 59 Jahren der Krebserkrankung. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Französischen Friedhof in Berlin.[4]

Ausbildung und Theater

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1961 debütierte Gröllmann als 14-Jährige unter Ottofritz Gaillard in der Hauptrolle in Bertolt Brechts Die Gesichte der Simone Machard. In ihrem Berufswunsch gefestigt, absolvierte sie von 1963 bis 1966 eine Schauspielausbildung an der Staatlichen Schauspielschule „Ernst Busch“ Berlin. Im Anschluss erhielt sie ein festes Engagement am Berliner Maxim-Gorki-Theater, an dem sie insgesamt 26 Jahre war. Sie debütierte an dieser Spielstätte in Henrik Ibsens Nora oder Ein Puppenheim in der Rolle eines Hausmädchens. Dennoch verlief ihre Theaterkarriere anfangs eher unglücklich, nachdem Milan Kunderas damals politisch umstrittenes Werk Die Besitzer der Schlüssel nicht aufgeführt werden konnte, in dem sie mit ihrer ersten Hauptrolle besetzt war.[2] So blieb ihr der große Durchbruch als Theaterschauspielerin zunächst verwehrt, auch wenn sie mit zahlreichen Bühnenaufgaben betraut wurde. Im wiedervereinigten Deutschland waren unter anderem das Renaissance-Theater und das Schlosspark Theater in Berlin sowie die Hamburger Kammerspiele wichtige Bühnenstationen Gröllmanns.

Film und Fernsehen

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1967 gab Gröllmann in Die Prüfung, dem zweiten Teil des Episodenfilms Geschichten jener Nacht, in der Rolle einer Studentin, deren Eltern in den Westen flüchten, ihr Debüt auf der Kinoleinwand. In den Folgejahren wurde sie in einer Vielzahl weiterer Film- und Fernsehproduktionen der DEFA und des DFF besetzt. Konrad Wolf besetzte sie 1968 neben Jaecki Schwarz als verängstigtes deutsches Mädchen in seinem autobiografischen Antikriegsfilm Ich war neunzehn. 1969 hatte sie im Fernsehfilm Die Geschichte der Rosemarie E., der im Rahmen der Reihe Der Staatsanwalt hat das Wort entstand, ihre erste Hauptrolle. Bis 1985 war sie in vier weiteren Folgen der Reihe zu sehen. Ihre erste große Rolle auf der Kinoleinwand hatte sie 1971 in Ingrid Reschkes Kennen Sie Urban? als Berliner Zeichenbüro-Praktikantin Gila, die einem Ex-Häftling und Streuner dabei hilft, eine Perspektive für sich und sein Leben zu entwickeln. 1979 spielte sie unter der Regie von Georgi Kissimov die Rolle der Ulla in der Literaturverfilmung Hochzeit in Weltzow, die frei auf dem Roman von Günter de Bruyn beruht. 1982 übernahm sie bei der Willi-Bredel-Romanverfilmung Dein unbekannter Bruder unter Ulrich Weiß an der Seite von Uwe Kockisch und Michael Gwisdek die weibliche Hauptrolle der Renate.

Während der Dreharbeiten zur Theodor-Fontane-Verfilmung Die Poggenpuhls im Jahr 1984 lernten sich Gröllmann und Ulrich Mühe kennen und lieben.[5] Danach stand das Paar auch für die Friedrich-Hölderlin-Verfilmung Hälfte des Lebens in den Hauptrollen vor der Kamera. Gröllmann spielte die große Liebe Hölderlins, die Bankiersfrau Susette Gontard. Mit Mühe stand sie überdies wiederholt zusammen vor der Kamera, wie etwa 1986 für den Zweiteiler Das Buschgespenst, im Jahr 1988 für den Polizeiruf 110: Flüssige Waffe und 1990 für Peter Vogels Thomas-Mann-Verfilmung Der kleine Herr Friedemann vor der Kamera.

Im wiedervereinigten Deutschland konnte Gröllmann nahtlos an ihrer Laufbahn in der DDR anknüpfen. Bekannt wurde sie dem gesamtdeutschen Publikum 1994 als betrogene Ehefrau Iris in der deutsch-österreichischen ZDF-Familienserie Iris & Violetta mit Ann-Cathrin Sudhoff als Mutter-Tochter-Gespann in eine der beiden Titelrollen sowie in ihrer Rolle der Rechtsanwältin Isolde Isenthal in der 4. Staffel der Fernsehserie Liebling Kreuzberg, wo sie an der Seite von Manfred Krug spielte.

2002 übernahm Gröllmann in der zwölfteiligen Sat.1-Krimiserie Im Visier der Zielfahnder als Staatssekretärin Katharina Krüger-Warschowski eine der Hauptrollen. Von 2002 bis 2008 war sie in der Fernsehserie Die Anstalt – Zurück ins Leben in der durchgehende Rolle der Dr. Constanze von Weyers zu sehen. Die letzten Folgen mit ihr wurden posthum zwei Jahre nach ihrem Tod ausgestrahlt. 2005 spielte Gröllmann in der Telenovela Sturm der Liebe die Rolle der Hoteliers-Witwe Inge Klinker-Emden, die sie aus gesundheitlichen Gründen nach acht Folgen aufgeben musste, woraufhin Karyn von Ostholt-Haas ihre Rolle übernahm. Neben festen Serienrollen wurde sie wiederholt auch in Gastrollen verschiedener Fernsehformate besetzt, so war sie u. a. zwischen 1993 bis 1995 in vier Folgen im Tatort und in den Jahren 1999 und 2004 in zwei Episoden der Krankenhausserie In aller Freundschaft, wo sie in der Folge Was am Ende übrig bleibt in der Rolle einer labilen Ehefrau und Mutter ihren sadistisch veranlagten Mann aus Verzweiflung erschießt, zu sehen.

Hörspielarbeiten

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Ab 1966 betätigte sich Gröllmann umfangreich als Hörspielsprecherin, wo sie zunächst für den staatlichen Rundfunk der DDR arbeitete. In den 1970er Jahren wirkte er bei der Schallplattenfirma Litera in mehreren Märchenhörspielen mit, die als Schallplatten erschienen, so sprach sie unter anderem die jüngste Königstochter in Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich (1977) und die Mutter des Glückskindes Hans in Der Teufel mit den drei goldenen Haare (1984). In Werner Grunows Bearbeitung von Kasimir und Karoline (1991) nach dem Werk Ödön von Horváths lieh sie der Karoline ihre Stimme. Ihre letzten Hörspiele sprach sie im wiedervereinigten Deutschland Anfang der 2000er Jahre für mehrere Produktionen des Westdeutscher Rundfunks, wie etwa Klaus Mehrländers Ich kaufte den Ferrari von Juan und Evita Peron, Frank-Erich Hübners Auch der Tod hat seine Zeit und Jörg Buttgereits Sexy Sushi.

Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit

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Die Zeitschrift Superillu veröffentlichte 2001 Auszüge aus einer 522-seitigen Akte der Gauck/Birthler-Behörde, nach der Gröllmann zwischen 1979 und 1989 als IM „Jeanne“ bei der HA II/13 des MfS geführt wurde. Laut Akte habe „die Kandidatin“ das Pseudonym Jeanne nach dem Namen ihrer Tochter selbst gewählt.[6] IM Jeanne gab unter anderem Auskunft über mögliche Fluchtabsichten von Mitgliedern des Gorki-Ensembles.

Nach Interview-Äußerungen Ulrich Mühes über die Vorwürfe im 2006 erschienenen Buch zum Film Das Leben der Anderen erwirkte Gröllmann mit einem Anwalt aus der Berliner Sozietät der Rechtsanwälte Panka, Venedey, Kolloge, Gysi, Langer vor dem Landgericht Berlin gegen den Suhrkamp-Verlag und ihren Ex-Ehemann eine einstweilige Verfügung. Sie erklärte eidesstattlich, sie habe nie wissentlich mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet. Gestützt wurde ihre Darstellung durch die Aussage des mit dem Vorgang befassten ehemaligen Stasi-Majors, er habe sich ihr gegenüber stets als Kriminalpolizist ausgegeben und Teile der Akte gefälscht. Zahlreiche angebliche Treffen mit dem mutmaßlichen Führungsoffizier wurden in der MfS-Akte zu Zeiten vermerkt, zu denen die Schauspielerin nach den vorhandenen Aufführungsprotokollen des Maxim-Gorki-Theaters auf der Bühne stand.[7]

Ein Gutachten des Forschungsverbunds SED-Staat der Freien Universität Berlin kam hingegen zu dem Schluss, das MfS-Schriftgut weise Jenny Gröllmann eindeutig als IM des MfS aus.[8] Das Gericht ließ dieses Gutachten sowie die belastenden Aussagen der Gauck/Birthler-Behörde jedoch nicht gelten, weil es den Akteninhalt juristisch nur als Indiz, nicht aber als Beweis wertete. Das Gericht gab dem Antrag Gröllmanns daher statt und untersagte die weitere Verbreitung des Buchs in der ursprünglichen Form.[9] Daher wird das Filmbuch mit geschwärzten Zeilen mancher Antworten Mühes zu seiner Ex-Frau verkauft. Den Widerspruch Mühes wies das Gericht ab und untersagte ihm, Jenny Gröllmann weiterhin als IM zu bezeichnen, da die Unterlagen des MfS nur „Verdachtsmomente“, jedoch keine Tatsachen lieferten.[10][11] Der Verlag erkannte im Dezember 2006 im Rahmen eines Rechtsstreits an, die Äußerungen Ulrich Mühes nicht mehr zu verbreiten.[12]

Am 18. April 2008 untersagte das Berliner Kammergericht auch dem Magazin Focus, Jenny Gröllmann als IM zu bezeichnen.[13]

Fernsehserien und -reihen

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Theater (Auswahl)

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Hörspiele (Auswahl)

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Commons: Jenny Gröllmann – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Florian Henckel von Donnersmarck: Das Leben der anderen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-45786-1, S. 202
  2. a b Regine Silvester: Langer Abschied. In: Berliner Zeitung, 10. August 2006, S. 25
  3. Regine Sylvester: Die Zielperson. In: Berliner Zeitung, 3. Mai 2006, S. 3
  4. Grab von Jenny Gröllmann knerger.de
  5. Jenny Gröllmann. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 6. November 2018.
  6. Jürgen Schreiber: Die Stasi lebt – Berichte aus einem unterwanderten Land. München 2009, S. 191–199.
  7. Vorstellungsbücher des Maxim Gorki Theaters 1981/82
  8. Stasi-Vorwürfe: Gröllmann war IM und wusste es nicht. Bei: Spiegel Online, 28. April 2006
  9. „Das Leben der Anderen“: Gericht stoppt Suhrkamp-Buch. Bei: Spiegel Online, 13. April 2006
  10. Mühe-Prozess: Gröllmann darf nicht IM genannt werden. Bei: Spiegel Online, 4. Juli 2006
  11. Dieter Krause, Werner Mathes: „Ich muss das zu Ende bringen – meinetwegen bis zum Tod“. In: Stern 30/2006, 19. Juli 2006, S. 120–124
  12. Anerkenntniserklärung der Rechtsvertreter des Suhrkamp Verlags im Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin vom 19. Dezember 2006; Anerkenntnisurteil des Landgerichts Berlin, Az.: 27 O 757/06 vom 18. Januar 2007
  13. Meldung in Spiegel Online. Diese Entscheidung ist rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof die Beschwerde des Fokus auf Zulassung der Revision mit Beschluss vom 15. Dezember 2009 zurückgewiesen hat (Az.: VI ZR 132/08).
  14. Maxim-Gorki-Theater 1971-1980 (PDF), zuletzt abgerufen am 13. November 2018.
  15. „Ich kann an nichts mehr glauben als an mich“; Der Spiegel vom 26. März 1979, zuletzt abgerufen am 13. November 2018.